Vom Fallschirm bis zum Scheibenwischer: Mit welchen Erfindungen Frauen das Leben verbessert haben

2022-11-10 10:07:00 By : Mr. Bruce Li

Sie durften lange nicht studieren, mussten mit vielen Widerständen kämpfen. Trotzdem gibt es große Erfinderinnen in der Geschichte. Zehn Beispiele.

Eine junge Frau saß an ihrem Spinnrad und beobachtete die Männer in der Sägerei nebenan. Wie sie sich an einem Baumstamm abmühten. Viele ihrer Bewegungen: vergebens. Wäre die Säge doch nur so rund wie ihr Spinnrad, dachte Tabitha Babbitt (1779–1853), dann müssten die Arbeiter weniger schuften. Und so erfand sie 1813 ein rundes Sägeblatt, das in einer durch Wasserkraft betriebenen Maschine eingebaut wurde. Das erste Exemplar ihrer Kreissäge befindet sich noch heute in Albany im US-Bundesstaat New York. Babbitt hatte ihre Erfindung allerdings nicht patentiert. Das machten drei Jahre später zwei Franzosen, die von ihrer Idee in einer Zeitung gelesen hatten.

DER COMPUTER-ALGORITHMUS Die Entwicklung des Computers wäre ohne Ada Lovelace (1815–1852) anders verlaufen. Sie war das einzige eheliche Kind des großen Dichters Lord Byron und liebte die Mathematik. 1834 heiratete Ada Byron William King, der 1838 zum Earl of Lovelace erhoben wurde. Er hegte die gleichen Interessen wie sie und weil man Frauen im 19. Jahrhundert keinen Zutritt zu Bibliotheken und Universitäten gewährte, trat er Ada zuliebe der Royal Society bei, wo er für sie wissenschaftliche Artikel abschrieb. Seine Frau glaubte an die Lernfähigkeit und die Intelligenz von Maschinen – und hatte damit Recht.

Ada Lovelace war Schülerin und Assistentin von Charles Babbage und übersetzte die auf Französisch erschienene Beschreibung einer mechanischen Rechenmaschine ins Englische. Dieser fügte sie 1835 enorm viele Ergänzungen bei und entwickelte einen schriftlichen Plan, wie man mit der Rechenmaschine die Bernoulli-Zahlen berechnen könnte. Damit erschuf Ada Lovelace den ersten Algorithmus und gilt damit heute als erste Programmiererin der Welt. Im Laufe ihres kurzen Lebens bekam Ada drei Kinder, doch die fehlende Zeit für ihren Wissenshunger stürzte sie ins Unglück.

Margaret Knight kam 1871 auf die Idee einer kleinen Maschine, die in der Lage war, Papier so zu schneiden, zu falten und zu kleben, dass am Ende Tüten mit einem viereckigen Boden dabei herauskamen. Noch bevor sie ihr Patent anmelden konnte, traf sie auf einen Mann namens Charles Annar, der an einer ganz ähnlichen Erfindung arbeitete. Vor Gericht wies Annan darauf hin, dass er Recht bekommen müsse, weil ein Frauengehirn zu einer solchen Idee doch gar nicht fähig sei. Das Gericht gab schließlich Margaret Knight Recht – gestützt auf ihre Aufzeichnungen, Tagebucheintragungen und Berechnungen.

Josephine Cochrane lud gerne zu Festen ein, doch danach ärgerte sie sich immer wieder darüber, dass ihre Angestellten beim Spülen Geschirr zerbrachen. Den Abwasch wollte die wohlhabende Frau aber auch nicht selbst erledigen. Also setzte sie sich an den Schreibtisch und entwarf einen Geschirrhalter aus Drahtbügeln, der sich in einem großen Behälter befand. Mit Hilfe einer Kurbel ließ sich das Drahtgestell drehen, wobei gleichzeitig eine Wasserpumpe und ein Seifenspender betrieben wurden.

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Josephine Cochrane stammte aus einer Erfinderfamilie, Vater und Großvater waren fanatische Tüftler. Sie gewann 1893 bei der Weltausstellung in Chicago für ihren „Dishwasher“ den ersten Preis für die beste Erfindung. Sie wagte es außerdem, ihre Kunden alleine – ohne die Begleitung ihres Bruders oder Gatten – aufzusuchen, und sorgte damit für mehrere Skandale.

Kaum schwebten Ende des 18. Jahrhunderts die ersten Heißluftballons durch die Lüfte, sprangen Wagemutige mit Fallschirmen zu Boden. Doch die waren sperrig und schwer. Erst Käthe Paulus (1868-1935) erfand eine praktische Variante, die noch heute verwendet wird. Katharina, genannt Käthe, Paulus wurde in Offenbach geboren und lebte ab 1912 in Berlin. Sie erlernte den Schneiderberuf und war als Näherin in einer Werkstatt für Damenbekleidung tätig. Später wurde sie die erste deutsche Fallschirmspringerin.

Mehr als 100 Mal segelte Paulus, die mit dem Ballonfahrer Julius Lattemann zusammenlebte und arbeitete, aus 1000 Meter Höhe zu Boden. Nachdem dieser bei einem ihrer Abenteuer verunglückte, wollte sie Fallschirme sicherer machen. Sie entwickelte eine besondere Falttechnik und verpackte den Schirm in einer Hülle, die durch einen Spezialmechanismus zu öffnen war: Der Paketfallschirm war erfunden. Mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs wurde das Kriegsministerium auf Paulus’ Erfindung aufmerksam und setzte sie als Beraterin und Fallschirmproduzentin ein. Rund 7000 Schutzschirme nähten Paulus und ihre Helferinnen bis zum Ende des Krieges. Etliche Soldaten verdankten ihren kleinen Paketen ihr Leben.

Es gibt zwei Geschichten, wie alles begann: Bei einem Besuch in New York fiel Mary Anderson (1866-1953) aus Alabama 1902 auf, dass die Autofahrer immer wieder den Verkehr aufhielten, weil sie ausstiegen, um den Schnee von ihrer Windschutzscheibe zu fegen. In einer anderen Version fuhr der Fahrer der Straßenbahn mit geöffneter Windschutzscheibe, da es aufgrund des fallenden Eisregens schwer war, klare Sicht zu behalten.

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Dieses Problem – wie auch immer es genau aussah – wollte Anderson lösen. Sie konstruierte einen Gummiwischer, den man an der Windschutzscheibe befestigen konnte und der über eine Spindel mit einem Hebel im Inneren des Fahrzeugs verbunden war. Drehte der Fahrer den Griff, bewegte sich der Wischer über die Scheibe und entfernte Regen wie Schnee. Am 10. November 1903 erhielt Mary Anderson für 17 Jahre das Patent Nummer 743801 auf die erste funktionierende Scheibenwischanlage der Welt. Zu der Zeit gab es allerdings nicht viel Interesse an ihrer Idee. Erst 1920, nachdem das Patent abgelaufen war und die Automobilindustrie enorm wuchs, zählten Scheibenwischer zur Serienausstattung.

Vor ihre Idee wurde der Kaffee direkt in die Kanne gefüllt. Das Ergebnis war eine bittere Brühe voller Krümel. Die 35-jährige Mutter und Hausfrau Melitta Bentz (1873-1950) hatte genug davon und nahm das Löschpapier aus den Schulheften ihrer Söhne. Sie legte es in eine Konservendose, deren Boden sie mit einem Nagel durchlöchert hatte und goss den Kaffee durch diesen Filter in ihre Tasse.

Melittas Mann Hugo war begeistert von dem Trinkgenuss und erahnte zugleich ein gutes Geschäft. Gemeinsam gründete das Ehepaar 1908 ein Unternehmen, das alsbald international bekannt werden sollte und bis heute den Namen der Erfinderin trägt. Melitta meldete ihre Erfindung beim Kaiserlichen Patentamt an. Am 15. Dezember 1908 wurde ihr Unternehmen „M. Bentz, Marschallstraße 31“ mit einem Eigenkapital von 73 Pfennigen in das Dresdner Handelsregister eingetragen.

Ihre Idee hatte sie angeblich, weil die Kaminheizung sie in den kalten Winternächten New Jerseys zu wenig wärmte. Und so erfand Alice H. Parker (1895-1920) 1919 die erste Gaszentralheizung. Die Menschen sollten nicht mehr Holz oder Kohlen in ihre Wohnungen schleppen. Da nicht die ganze Nacht ein Feuer loderte, würden sie sicherer schlafen. Bei ihrer erdgasbetriebenen Konstruktion wurde die warme Luft stattdessen über Lüftungskanäle im ganzen Haus verteilt, was reguliert werden konnte. Ihr Einfall, auf dem der heutige Thermostat basiert, wurde am 23. Dezember 1919 patentiert.

Über das Leben von Alice H. Parker ist ansonsten wenig bekannt. Außer, dass sie auch eine der wenigen afroamerikanischen Frauen war, die Anfang des 20.Jahrhunderts studieren durften. Interessant ist: Auch andere Heizungen wurden von Frauen erfunden: Die Autoheizung wurde 1893 von Margaret A. Wilcox erdacht. Die ungarische Chemikerin Maria Telkes arbeitete während des Zweiten Weltkriegs für die US-Navy und entwickelte die erste solarbetriebene Entsalzungsanlage. Ihr Wissen nutzte sie kurz nach dem Krieg, um zusammen mit der Architektin Eleanor Raymond das allererste, allein durch Sonnenenergie erwärmte Haus zu entwickeln.

Eigentlich war Hedy Lamarr (1914- 2000) als Schauspielerin weltbekannt. Dabei ist sie es auch, die das Frequenzsprungverfahren erfand. Damit legte sie den Grundstein für die drahtlose Datenübertragung, die maßgeblich für WLAN, GPS und Bluetooth ist

Wie es dazu kam? Lamarr war die Tochter österreichischer Juden. Gemeinsam mit einem Freund, dem Komponisten George Antheil, wollte sie die USA während des Zweiten Weltkrieges im Kampf gegen das Hitler- Regime unterstützen.

Zusammen tüftelten sie an einer Technik, um Torpedos mit einem sicheren Kommunikationssystem auszustatten. Die Waffe wurden über Funk gesteuert, weswegen die Verbindung leicht gestört werden konnte. Ihr Gedanke: Wenn Torpedo und Steuerelement ständig und immer genau gleichzeitig die Frequenz wechseln, ist die Verbindung schwerer von außen zu verfolgen – und weniger angreifbar. Am 11.August 1942 erhielt Hedy Lamarr dafür das Patent, doch erst kurz vor ihrem Tod im Januar 2000 auch die verdiente Anerkennung für ihre technischen Errungenschaften.

Die US-Amerikanerin Shirley Ann Jackson (* 1946) war 1973 die erste schwarze Frau, die am renommierten Massachusetts Institute for Technology (MIT) einen Doktortitel erwarb. Als Physikerin leistete sie bedeutende Forschungsarbeiten. Ihre Studien machten die Entwicklung von Glasfaserkabeln, Faxgeräten und der Anruferkennung möglich. Sie hält Ehrendoktortitel von 53 Universitäten, darunter der Harvard University.

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